Ansicht des Dorfes Körbecke nach einer Zeichnung um 1830, von F.J.Brand, Altertums-Verein Paderborn Nr.177-178

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Sonstiges aus Körbecke

Hier werden sonstige Informationen aus Körbecke veröffentlicht, die inhaltlich nicht zu den zuvor genannten Themenkreisen passen.

      

Zwei Körbecker als Pröpste/Äbte bei den Augustiner Chorherren

von Kurt Bremer 

In seiner Chronik „von und für Körbecke“ hatte mein Urgroßvater Clemens Bremer auch Folgendes festgehalten:

„2 Söhne unserer Gemeinde hatten sich im 18. Jahrhundert dem geistlichen Beruf gewidmet und waren in den Ordensstand getreten. Beide wurden im Laufe der Zeit an die Spitze ihrer Niederlassungen gestellt. Bernhard Göken war Prior zu Kloster Grauhof am Harz - Friedrich Bessen Prior zu Kloster Hamersleben in der jetzigen Provinz Sachsen.“

Natürlich machte dieser Hinweis neugierig und veranlasste mich, mehr über das Ordensleben dieser beiden gebürtigen Körbecker herauszufinden. Hierzu, waren folgende Fragen zu klären:

- wer waren die beiden genannten Personen, zu welcher Zeit haben sie gelebt und aus welchen Häusern in Körbecke stammten sie?

- In welchem Orden sind sie wann eingetreten, wo waren die Klöster in denen sie als Pröpste/Äbte gewirkt haben, und wie war ihr weiterer Weg?

- Gibt es etwas Außergewöhnliches aus ihrem Ordensleben zu berichten, wo finde ich Unterlagen, Literatur oder sonstige Hinweise auf sie?

  Mit diesen Fragen begann ich meine Suche, um mehr über die Lebensläufe der beiden vorgenannten Personen zu finden. Die Kirchenbücher von Körbecke im erzbischöflichen Archiv in Paderborn gaben mir zu ihnen erste Hinweise.

 

Propst Bernhard Goeken

Bernard Goeken wurde am 07.11.1660 als Sohn von Röttger Goeken und seiner Frau Goda Tegethoff in Körbecke geboren. Nachrichtlich weise ich hier darauf hin, dass der 1666 geborene Bruder Gerhardus Goeken die 1670 geborene Anna Margaretha Riepen heiratete und so der Name Goeken in Riepen Haus kam und sich bis heute dort erhalten hat. Bernhard Goeken war Student der Paderborner Jesuitenuniversität, legte schon mit 20 Jahren 1680 im Kloster Grauhof die Profess ab und wurde 1683 zum Priester geweiht. Das Kloster Grauhof liegt am nördlichen Stadtrand von Goslar und gehört heute zur Pfarrei St. Benno in Goslar. Damals war es ein Kloster der Ordensgemeinschaft der Augustiner Chorherren von Windesheim (Windesheim ist ein Ort in der Nähe von Zwolle – Niederlande). Diese Windesheimer Kongregation ist eine eigenständige Gemeinschaft innerhalb des Gesamtordens der Augustiner Chorherren. Sie wurde 1395 von Papst Bonifaz IX bestätigt. Der letzte Windesheimer Chorherr starb 1865 im Kloster Grauhof. Erst 1960 wurde die Windesheimer Kongregation wiederbelebt und hat ihren deutschen Sitz in Paring in Süddeutschland.  

Das Kloster Grauhof wurde 1527 errichtet, nachdem das 1108 gegründete Georgenbergkloster in Goslar geplündert und zerstört worden war und der Konvent nach Grauhof übersiedelte. Aber auch dort wurde der Konvent vertrieben und das Kloster zwischenzeitlich in eine protestantische Lateinschule umgewandelt. Erst nach der Wiederherstellung des Hochstiftes Hildesheim wurde Grauhof 1643 katholische Klosterpfarrei und

Barocke Klosteranlage Grauhof

Klosterkirche St. Georg

Blick zum Hochaltar der Klosterkirche St. Georg

im folgenden Jahr mit Augustiner-Chorherren der Windesheimer Kongregation besetzt.  1690, im Alter von 30 Jahren, wurde Bernhard Goeken zum 3. Grauhöfer Stiftspropst gewählt. Frau Dr. Maria Kapp bezeichnet Bernhard Goeken als den bedeutendsten Grauhöfer Propst, der den Konvent nachhaltig förderte. Bereits 1693 wurde er zum stiftshildesheimschen Schatzrat gewählt und 1715 zum Ordensgeneral der überwiegend in Deutschland, Österreich, Frankreich und die Niederlande verbreiteten Windesheimer Kongregation. Schon bald nach seinem Amtsantritt in 1690 begann Bernhard Goeken, der unter seinem Vorgänger bereits als Procurator für die Wirtschaftsbetriebe verantwortlich war, mit umfangreichen Bautätigkeiten, zunächst für die Gutsgebäude. Der Bau und die Fertigstellung der Konventsgebäude folgte in den Jahren von 1701 bis 1711. Danach wurde mit dem Bau der heutigen Klosterkirche begonnen, die nach Beendigung der Baumaßnahmen am 01.08.1717 vom Hildesheimer Weihbischof Max Heinrich von Weichs feierlich geweiht wurde. Dr. Maria Kapp führt weiter aus, dass das Kloster unter Propst Goeken eine erste große Blütezeit erlebte. Es zeichnete sich durch ein gut geordnetes Klosterwesen aus, war führend in der theologischen Ausbildung und stand auf hohem kulturellen und geistigen Niveau.

Über den Bau der vorstehend angesprochenen Klosterkirche hat Peter Artelt in seinem Bericht „Italienische Baumeister bauten Kloster Grauhof“ ebenfalls berichtet. Er schreibt dazu: „Als im Jahre 1690 Bernhard Goeken Propst von Grauhof wurde, wollte er sein Stift zu einem Mittelpunkt des Gottesglaubens und neuer künstlerischer Kultur machen. Propst Goeken, der ab 1715 auch Generalprior des Augustiner-Ordens wurde, begann im Jahre 1701 mit dem Bau des Konventsgebäudes und des Kreuzganges und ab 1711 mit dem Neubau der Klosterkirche….-einer für den norddeutschen Raum so eindrucksvollen und einmalig schönen Klosteranlage.“ Ein Reiseschriftsteller schreibt im Jahr 1739 nach einem Besuch des Klosters unter anderem: „Insonderheit verdient die Kirche in Augenschein genommen zu werden. Sie ist ein gantz neues, schönes und weitläufiges Gebäude……So hat man auch das Andencken des Propstes Goeken mit einem prächtigen alabasternen Grab und Denckmale beehren wollen“. Ein anderer Besucher hat im Jahre 1911 bedauert, dass dieses Juwel einer Kirche im weltverlorenen Grauhof steht und doch besser einer großen Stadt wie Braunschweig oder Hannover zu Gesicht stünde. Heute wird die Klosterkirche Grauhof auch als schönste Barockkirche Norddeutschlands bezeichnet, die durch die größte und bestens erhaltene Treutmann-Orgel komplettiert werde. Im Jahre 2008 kann die Klosterkirche wegen Renovierungsarbeiten nicht besichtigt werden.

Grabdenkmal des Propstes Goeken

 

Text über der Tür zum Konventgebäude-darin enthaltene Jahreszahl: 1703 (Aufn.: Kurt Bremer)

Propst Goeken - Ausschnitt aus dem Grabdenkmal ("Die Warte 1999 Nr. 103 S. 6")

Propst Goeken ist im Jahre 1726 im Kloster Grauhof gestorben. Sein Nachfolger als Propst hat im Jahre 1731 in der Klosterkirche ein Epitaph zum Gedenken an den verstorbenen Propst Goeken und als Dank für seine Verdienste um das Kloster Grauhof errichten lassen.

Der Epitaph (Grabdenkmal) des Propstes Bernard Goeken ist aus grauem und weißem Marmor und steht in der südöstlichen Seitenkapelle. Auf dem Sockel die kniende Figur des Propstes unter einem Baldachin zwischen 2 Engeln und zwei Urnen und vor einer nischenförmig nach oben verjüngten Rückwand, deren Krönungsgesims zwischen zwei trauernden Engeln das von einem Kreuz überragte Wappenbild mit dem Eichbaum trägt. die Inschrift auf dem Epitaph lautet:

"Deo optimo maximo ac aeternae memoriae

Reverendissimi et amplissimi domini D. Bernardi Goeken Paderborno : Corbecensis canoniae huius per annos 36 Praepositi Congregat:  Windesem : annis 11 generalis et Aerarii Hilde: Annis 33 consiliarii ubique Laudatissimi, qui praeter coetera aedificia oeconomica templum hoc et monasterium e fundamentis coepit et consummavit atque hic ante aram sanctae crucis anno 1726 sepultus in Domino quiescit.

Epitaphium hoc posuit H.E.P. Anno 1731. Sta viator, et utriusque ad aram memento: L.F. Biggen fecit."

Übersetzung der Inschrift auf dem Epitaph aus "Das ehemalige Augustiner-Chorherren-Kloster Grauhof bei Goslar am Harz von F. Köpps, Pastor in Grauhof -1930"

Dem guten großen Gott und dem bleibenden Andenken des hochwürdigsten und hervorragenden Herrn Bernardus Goeken aus Körbecke im Bistum Paderborn, der 36 Jahre dieser Kanonie Propst, 11 Jahre General der Windesheimer Kongregation und 33 Jahre überaus lobenswerter Hildesheimer Schatzrat gewesen, der außer den übrigen ökonomischen Gebäuden diesen Tempel und dieses Kloster von Grund auf begonnen und vollendet hat und hier vor dem Altare des heiligen Kreuzes, nachdem er im Jahre 1726 im Herrn gestorben, ruht.

Dieses Grabmal hat errichten lassen Heinrich Eikendorf, Propst, im Jahre 1731. Stehe Wanderer und gedenke beider am Altare. L.F. Biggen hat es gefertigt.

Vor dem Epitaph ist eine Bronzetafel mit einer weiteren Inschrift:

"HIC INFRA QUIESCIT REVERENDISSIMUS ET AMPLUS DOMINUS D. BERNARDUS GOEKEN CONGREGATIONIS WINDESEMENSIS GENERALIS PRAEPOSITUS IN GRAUHOFF ET AERARII PUBLIC. HILDESIENSIS CONSILIARIUS UBIQUE MERITISSIMUS : ORA PRO EO:"

Die Übersetzung der Inschrift auf der Bronzetafel lautet (Übersetzung aus derselben Quelle wie vorstehend):

Hierunter ruht der hochwürdige und hochachtbare Herr Bernhard Goeken, General der Windesheimer Kongregation, Propst in Grauhof und überaus verdienstvoller Hildesheimer Schatzrat. Bete für ihn


Propst Friedrich Bessen

Johann Friedrich Bessen (so im Kirchenbuch erfasst) erblickte am 20.01.1726 als Sohn des Johannes Bessen und der Anna Magdalena Derendall in Verwalts Haus das Licht der Welt. Er wurde somit in dem Jahr geboren, in dem der Abt Bernhard Goeken im Kloster Grauhof verstorben ist. Friedrich Bessen kam als 18 Jähriger zur Jesuitenuniversität Paderborn und wurde dort am 20.11.1744 immatrikuliert. Nach vierjähriger Studienzeit trat er 1748 in das ebenfalls zum Augustiner-Chorherrenstift von Windesheim gehörende Kloster Hamersleben in Sachsen ein. Das Kloster Hamersleben befindet sich in dem Ort Hamersleben an der „Romanischen Straße“ in Sachsen Anhalt . Der Ort Hamersleben selbst hat etwa 1.100 Einwohner. Er liegt 25 km südlich von Helmstedt und 20 km nördlich von Halberstadt. Das Kloster mit der Klosterkirche gehört heute zu einem Pfarreienverbund von 9 Gemeinden. Das katholische Pfarramt St. Pankratius dieses Pfarreienverbundes ist unter einer Adresse im Klosterhof Hamersleben zu erreichen. .

Bilder: oben: Stiftskirche St. Pankratius in Hamersleben;

rechts: Langhaus mit Taufstein undHochaltar;

 

Friedrich Bessen wurde zum Lektor und Subprior ernannt, bevor er am 28.02.1777 zum Prälaten (Abt) des Convents zu Hamersleben gewählt wurde. Der 82-jährige Pfarrer Emeritus Ludger Kemming, der selbst 46 Jahre Pfarrer in Hamersleben war und heute noch im Klosterbereich wohnt und dort tätig ist, hat sich mit den Prälaten des Klosters befaßt. So konnte er mir eine Kopie der Eintragungen zur Wahl des Friedrich Bessen zum Prälaten aus dem Kirchenbuch zeigen, die wie folgt lautet: "Neo electus Prälatus Fridericus Bessen a regi confirmatus praestitit homagium die veneris 28.02.1777 curam regimine regio Halberstadtgensis." Dieses Amt des Prälaten übte Friedrich Bessen 11 Jahre bis zu seinem Tode aus. Er ist dort am 09.10.1788 nach 40 jähriger Klosterzeit verstorben. Die Eintragungen über seinen Tod lauten: "Anno 1788 die 9. Oct. pie obiit Reverendissimus Dominus Praelatus Fridericus Bessen. Pfarrer Kemming versicherte glaubhaft, dass er bei seinen Nachforschungen keine weiteren Aufzeichnungen über die Tätigkeit des Friedrich Bessen in Hamersleben aufgefunden habe. Für seine Unterstützung bin ich ihm sehr dankbar. Eine Fortsetzung der Suche nach weiteren Details über das Wirken von Friedrich Bessen in Hamersleben erscheint mir deswegen nicht sehr sinnvoll.

Literatur:

„Das Augustiner-Chorherrenstift St. Georg in Grauhof“ von Stefan Bringer

„Die ehemalige Stiftskirche St. Georg in Goslar-Grauhof - Baugeschichte und Inventar“ von Dr. Maria Kapp

(Beide Artikel aus: „Die Diözese Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart/66. Jahrgang/1998“)

„Italienische Baumeister bauten Kloster Grauhof“ von Peter Artelt aus dem Goslarer Bergkalender 2001

Internet-Informationen der Propstei Paring der Augustiner-Chorherren von Windesheim (Paring 1, 84085 Langquaid)

 Mein Dank gilt der Pfarrgemeinde St. Benno in Goslar und hier insbesondere Herrn Franz Niemetz für seine Unterstützung

Unterlagen von Wilhelm Goeken, Aachen

Unterlagen von Pfarrer Emeritus Ludger Kemming, Hamersleben

Broschüre "St. Pankratius Hamersleben" im Verlag Schnell & Steiner GmbH, Regensburg

"Bernhard Goeken (1660-1726) aus Körbecke bei Warburg" aus die warte - Heimatzeitschrift für die Kreise Paderborn und Höxter - 1999 Nr. 103 S. 5 und 6

Körbecker Kirchenbücher im bischöflichen Archiv in Paderborn

eigene Unterlagen

Die nicht gekennzeichneten Aufnahmen habe ich mit Genehmigung von Raymond Faure dem Internet entnommen  www.raymond-faure.com "Der Harz und die Region

 in 50.000 Bildern"

                          

Telgte im Februar 2009