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Sonstiges aus Körbecke Hier sollen sonstige Informationen aus Körbecke veröffentlicht werden, die inhaltlich nicht zu den zuvor genannten Themenkreisen passen. Vorbemerkungen von Kurt Bremer: Clemens Bremer beschreibt Cörbecke im Jahre 1899 aus Anlaß einer ministeriellen Verfügung, nach der die Kreise mit ihren Dörfern beschrieben werden sollten. Ich habe hier eine Kopie seiner handschriftlichen Aufzeichnungen eingefügt, um einmal seine sehr ausgeprägte und schöne Handschrift zu zeigen. So wie hier hat er auch seine 4 Chroniken von Cörbecke verfasst, die letzte im Jahre 1906 abgeschlosssene über 284 Seiten. Andererseits ist es natürlich sehr interessant zu erfahren, wie ein bekannter Körbecker Bürger sein Heimatdorf vor mehr als 100 Jahren gesehen hat. Da nicht jeder heute die Sütterlin-Schrift noch lesen kann, habe ich den Text in Schreibmaschinenschrift unten angefügt. Der maschinengeschriebene Text ist zeilengenau übertragen, so dass sich der Interessierte, der sich in der Sütterlin-Schrift üben will, leichter zurecht finden kann.
Das Dorf Cörbecke Im Kreise Warburg mit 165 Gebäuden ist zur größeren Hälfte auf ebenen und quellenreichen, die kleinere südliche und südwestliche Hälfte auf hügeligem und quellenarmen Grunde am östlichen Saume der Warburger Börde am Ausgange eines nördlichen Seitenthales der Diemel gelegen. Nach Süden hat dasselbe eine zu Thal führende vorstadtähnliche Verlängerung, welcher in Entfernung Von 3 Minuten eine Mühle und 2 Gehöfte, 1 Kleinhaus vorliegen; ferner liegt 3 Minuten westlich ein Gehöft , ca 20 Minuten nördlich ein Gutshof, 25 Minuten oestlich ein Gehöft = im Ganzen 185 Gebäude, davon 150 bewohnte. Cörbecke ist Kreuzungspunkt zwischen folgenden Ortschaften: Liebenau - Bühne, Ostheim - Borgentreich, Lamerden – Lütgeneder, Muddenhagen – Rösebeck, und führen gute Communikationswege in folgenden Richtungen Nach den Ortschaften: in südlicher Richtung nach Liebenau im Diemelthal (Provinz Hessen- Nassau, Bahnstation), in südwestlicher Richtung nach Rösebeck, Daseburg am Desenberge vorbei nach der Kreisstadt Warburg, in westlicher Richtung über Gut Dinkelburg nach Lütgeneder mit nördlicher Abzweigung nach Borgentreich, in nördlicher Richtung nach Bühne, mit östlicher Abzweigung nach Muddenhagen, in östlicher Richtung nach Lamerden, Prov. Hessen mit südwestlicher Verlängerung nach Ostheim, nach welch Letzteren in südöstlicher Richtung ein direkter – theils Feld- theils Fußweg führt. Die älteren Gebäude sind aus Holzfachwerk mit Holz- und Lehmauswandung oder mit Ziegelstein- auswandung, die neueren Gebäude meist massiv von Ziegelstein erbaut, alle mit Ziegelbedachung. 1 Kirche, ein größeres Schulgebäude sind vorhanden. Ferner besteht eine Postagentur mit zweimaligem täglichen Anlauf der Postsachen von Liebenau. Von hier aus findet die Weiterbeförderung der Postsachen nach dem benachbarten Rösebeck statt. Telefonanschluß ist vorhanden nach Liebenau u.s.w. Die Bewohner – über 900 – sind Acherbauer mit zugehörigen Handwerkern und wenig Tagelöhnern – katholisch mit Ausnahme 3 jüdischer Familien, welche vom Handel leben,
und des protestantischen Besitzers vom Gutshofe, auf welchem denn auch noch einige protestantische Bedienstete sind. In westlicher Nähe des Dorfes fließt ein Mühlbach vorbei und mündet vor Liebenau in die Diemel, einem Nebenfluß der Weser – ferner an der nordöstlichen Gemarkungs- grenze ein von Bühne kommender Bach durch einen engen ziemlich tiefen Thaleinschnitt zur Diemel bei Lamerden. Der Grundbesitz von ca 6300 Morgen ist Eigenthum der Gemeindeangehörigen und der Gemeinde ausschließlich einiger hundert Morgen an den Gemarkunsgsrenzen von Lamerden, Ostheim und Liebenau. Dagegen besitzen Gemeindeangehörige auch Grundstücke in den Nachbargemarkungen von Borgentreich, Bühne, Rösebeck. Die westliche, nördliche und östliche Lage der Gemarkung liegt ziemlich eben mit mäßigen Neigungen; an der östlichen Endung und an den Seiten des südlichen Thales befinden sich stark geneigte und bergige Lagen. Die Bodenbeschaffenheit wechselt häufig, indeß ist Lehm mit Thon vorherrschend. Theilweise sind die Unterlagen mergelig, thonig, vielfach steinig. Es sind mehrere Kalksteinbrüche mit gutem Wegebaumaterial vorhanden. Bausteine fehlen gänzlich. Das vorherrschene Gestein ist Kalkstein. Angebaut wird: Roggen, Weizen, Hafer, wenig Gerste, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Flachts, Futter- und Zuckerrüben, alle Kleearten, Luzerne, Eparsette(??). Der Viehbestand ist nicht bedeutend. Obstbau wird außer dem Dorfe an den Communikationswegen gepflegt. Die Gemeinde hat eine Obstbaumpflanzung von 10 Morgen angelegt, auch Private haben einige Obstbaum- pflanzungen im Felde gemacht, zunächst auf Stellen, welche sich als Acker nicht eignen. Gärten sind außer im Dorfe nicht vorhanden, das Feld ist heckenfrei, Bäume finden sich an einigen Wiesen. Die Ackerbestellung wird bei größerem Besitz fast ausschließlich mit Pferden, bei geringerem Besitz (von 30 Morgen abwärts) mit Kühen bewirkt. Wald präsentiert sich durch einen Komplex von 350 Morgen meist gemischter Niederwald, welcher jetzt theils zu Buchenwald hingeforstet, theils abgetrieben und durch Nadelholz ersetzt wird und der sich von der südlichen Thalsohle in geringer Breite und östlicher Richtung etwa 40 Minuten längs der Provinzialgrenze hinzieht.
Nahe 300 Morgen davon gehören auswärtigen Besitzern. 2 Gemeindeangehörige besitzen davon kleinere Theile an den Endseiten. Daran schließen sich etwa 60 Morgen Nadelholz hiesiger Gemeinde; außerdem finden sich noch einige Parzellen Nadelholz von vielleicht 40 Morgen. Klima, Boden, Quellwasser sind gesund, der Boden im Ganzen fruchtbar. Die Viehzucht erstreckt sich auf Pferde, Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Federvieh. Eine Viehzählung im Jahre 1892 ermittelte 178 Stück Pferde und Fohlen, 717 Stück Rindvieh, 703 Stück Schweine, 430 Stück Schafe, 155 Ziegen, 24 Bienenstöcke. In Wirklichkeit wird der Bestand an Rindvieh und Schweinen größer sein, hat sich auch seither vermehrt und dürfte auf je 1000 Stück angenommen werden dürfen. Ausgeführt wird: Roggen, Weizen, Hafer, Hülsenfrüchte, Zuckerrüben, Rindvieh, Schweine, Pferde, etwas Schafe. Eingeführt wird: junge Schweine, Mais, Kleie, Kunstdünger. Vor und hinter dem an der Provinzialgrenze sich hinziehenden Wäldchen bietet sich dem Blicke die ganze Warburger Börde, ein höchst wechselvoller und malerischer Theil der Provinz Hessen-Naussau über das nahe Diemelthal hinweg, das Ganze umkränzt von den bewaldeten Bergausläufern des Teutoburger Waldes, des sauerländischen Gebirges, des Habichts- und des Reinhartswaldes – eine prachtvolle Aussicht.
Aus Anlaß einer ministeriellen Verfügung über Kreisbeschreibungen entworfen von Clemens Bremer 1899
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Telgte im Februar 2009